Freitag, 8. April 2016

Mein erster richtiger Rock - Gewandung für ein Burgenfest

Erstellungsdatum: 2000


Es war 1999 und meine Eltern schleppten mich auf ein Burgenfest mit. Ich hatte keine Lust, die Fahrt dahin war lang und die Übernachtung in dem wirklich kleinen Ferienhaus meiner Großeltern hasste ich. Ich mochte die Burgen ohnehin viel lieber, wenn keiner außer mir da war. Burgenfest hörte sich nach Pulk an Leuten an - ich hatte schlicht und einfach gar keinen Bock.

Auf der Fest-Burg angekommen merkte ich schnell, dass Burgenfest ja doch Spaß machte. Es wurde gute Musik gespielt und ich unterhielt mich mit einer der Spieltruppen - als ich dann ein paar Jahre später Larp für mich entdeckte kapierte ich erst, dass ich mich damals mit den Streunern unterhalten hatte.
Meine Eltern wollten eigentlich nur an dem Samstag zur Burg runter aber ich selbst bin dann auch noch mal sonntags hin. Und an eben diesem Sonntag merkte ich, wie schäbig es war in Khaki-Shorts und used Tshirt rumzulaufen auf einem Mittelaltermarkt/Burgenfest.

Ich setzte mir also in den Kopf, dass ich für das nächste Jahr ein Kostüm brauchte. Ein Kleid sollte es sein, genau so wie "Rabe" (die Dame der Streuner) eines hatte. Und dass es im nächsten Jahr wieder auf das Burgenfest gehen würde stand für mich außer Zweifel. Notfalls wollte ich mit meinen Großeltern alleine in die Vulkaneifel fahren.

Dank meiner Begeisterung und meines Traums von einem eigenen Kleid, nahm meine Mutter mich nähtechnisch an die Hand. Das war das erste Mal nach sehr langer Zeit, dass ich wieder etwas nähte und sollte für ein paar Jahre auch das einzige Mal bleiben. Ich selbst habe auch nicht sonderlich viel an dem Rock getan, meine Mutter hat mir die Unterschiede zwischen Stoff und Stoff (Material etc.) erklärt, wir haben ein Schnittmuster halb kopiert, halb selbst erstellt und meine Mutter hat mich angeleitet, wie ich was zu nähen habe, damit es passt. Vliseline habe ich kennen gelernt und das Annähen von gut 20 Knöpfen habe ich bewerkstelligt. Knöpfe annähen mochte ich damals ziemlich - ich hatte ein paar Knopfbilder in der Zeit davor verbrochen.

Schließlich war der Rock fertig. ich habe viel geflucht (meine Mutter auch), da der Stoff ziemlich rutschig war und viele Nerven kostete.
Dass es letztlich ein Rock wurde und kein Kleid lag an meiner Idee, dass ich doch kein Burgfräulein sondern lieber etwas bodenständigeres darstellen wollte.


Die Carmenbluse holten meine Mutter und ich in der Stadt in einem Laden. Und dann hatte mich das Mittelalter-Fieber komplett gepackt:
Ich habe ein Haarnetz selber geknotet. Dazu habe ich diverse Fäden auf ein Kissen gesteckt und mit einer Art Makramee-Technik miteinander verknotet. Ein Band um die Stirn zum Abschluss war schnell geflochten und meine Haare waren auch gebändigt.

(Das Palästinenser-Tuch, welches ich als "Schultertuch" nutzte (siehe Bild) hatte ich von einer Freundin geschenkt bekommen.)

Ich war zudem im Besitz eines Perlenwebrahmens (als Karl May und Indianer-Fan war das eine Pflicht!) und habe mir ein Halsband gewebt.
Für ein einfaches Burgenfest habe ich echt viel Arbeit in das Gewand gesteckt.

Das Burgenfest kam und ich gewandete mich. Als ich alleine über das weitläufige Gelände streifte und die anderen Gewandeten bewunderte, in meinem Kopf Notizen machte was ich alles noch selber an Accessoires herstellen könnte, da erschallte von hinter mir ein Ruf:
"Holde Maid! Sind das etwa silberne Fäden in Eurem Haar?" Ich drehte mich um und stand vor einer Handvoll Herren, die allesamt älter als ich waren und allesamt in wundervolle Gewandungen gekleidet waren. Sie erinnerten mich stark an die Truppe aus Robin Hood (meinem damaligem Lieblingsfilm), selbst ein Mönch war dabei.
Ich habe dann versucht in der Rolle der Dame zu antworten, die ich darstellen wollte. Ich fand es großartig, dass ich von den Erwachsenen für voll genommen wurde und bin eine Weile mit ihnen über die Burg gestreift. Wir kamen dann von den Kostümen auf die Herstellung und ich erfuhr, dass diese Jungs allesamt Liverollenspieler waren. Mit großen Ohren lauschte ich ihnen und nahm mir vor, dass ich dieses Spiel auch einmal spielen müsse.

Als ich dann drei Jahre später mit dem Larp anfing, da musste ich immer wieder an diese Truppe denken. Schwer fiel mir das nicht, denn zu meiner ersten Larp-Gewandung gehörten der Rock, die Bluse, das Haarnetz und das Halsband vom Burgenfest.

Ich habe den Rock geliebt und lange noch getragen, zum Glück war ich 2000 schon ausgewachsen, so dass es ohne Probleme möglich war. 2012 dann habe ich den Rock schweren Herzens dann weggeworfen. Er war dünn getragen und hatte diverse Flickstellen. So langsam sah man ihm sein Alter an und jedes noch so kunstfertige Flicken erzeugte weitere Schwachstellen. Zudem war ich in die Breite gewachsen und passte nicht mehr hinein. Es tat echt weh, das gute Stück weg zu tun aber in meiner Wohnung war kein Platz für Nostalgie.

Aus diesem Grund sind die Fotos hier und heute auch alle eher schlecht als gut. Da ich 2000 fotoscheu war, haben meine Eltern auch nur ein einziges Foto auf dem besagten Burgenfest machen können (das Bild ist dann auch nicht digital fotografiert sondern eingescannt, daher die noch viel schlechtere Qualität als sonst die schlechten Fotos hier im Blog haben). Heute bereue ich es, denn viele Erinnerungen werden durch Bilder aufgefrischt.

Die nachfolgenden Fotos hat mein Freund (der jetzige WurzelPrinzGemahl) etwa 5 Jahre nach Entstehung des Rockes gemacht. Das Barrett und das Mieder sind ebenfalls selbst genäht, auf sie werde ich zu gegebener Zeit noch einmal eingehen, versprochen!


1 Kommentar:

  1. :) Schöne Geschichte! Der Rock ist auch sehr toll. Sehr inspirierender Beitrag. :)

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